Krippenkinder beschweren sich anders Beschwerdeverfahren für Kinder im Alter von null bis drei Jahren entwickeln (Kita Haus in der Sonne) .

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Hinter jeder Beschwerde steckt ein unerfülltes BedürfnisBeschwerde-verfahren für Kita- Kinder entwickelnEin Modellprojekt des Evangelisch-Lutherischen Kindertagesstättenwerks Lübeck gGmbH, des Verbands Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig- Holstein e.V. und der Bildungslotsen

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Herausgeber: Evangelisch-Lutherisches Kindertagesstättenwerk Lübeck gGmbH (Kitawerk Lübeck), Bäckerstr. 3-5, 23564 Lübeck Projektträger: Evangelisch-Lutherisches Kindertagesstättenwerk Lübeck gGmbH in Zusammenarbeit mit dem Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. (VEK) und den Bildungslotsen. Projektleitung, Konzept und Durchführung: Michael Regner (Bildungslotsen) Franziska Schubert-Suffrian (VEK) Projektmitarbeit: Dorothea Wolf (Fachberatung Evangelisch-Lutherisches Kindertagesstättenwerk Lübeck gGmbH) Redaktion der Broschüre: Michael Regner (Bildungslotsen)Franziska Schubert-Suffrian (VEK) Inga Waldeck (Gemeindediakonie Lübeck e. V.) Gestaltung: Jule Demel, www.juledemel.de Druck: Quint Druck + Medien GmbH, Reinsbek Fotonachweis: Kitawerk Lübeck, Bildungslotsen, VEK, privat, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissen -Das Projekt wurde unterstützt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung in Schleswig-Holstein.2

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InhaltVorwort ..4Einleitung .5Beschwerden der Kita-Kinder Œ Ein Beschwerdeverfahren entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 ..6 ..7Das Modellprojekt 8Die beteiligten Einrichtungen ..8Die Projektziele 9Umsetzung der Projektidee 9Beschwerden der Kinder in den Projekteinrichtungen Beschwerden wahrnehmen und anerkennen .Die strukturelle Ebene Einblicke in die ganz unterschiedlichen Projektschwerpunkte der Kitas ..Beschwerden wahrnehmen und Dialoge gestalten (Kita St. Gertrud) . von null bis drei Jahren entwickeln (Kita Haus in der Sonne) .—Ich will da alleine spielenfi Œ Raum-Strukturen durch Kinderbeschwerden überdenken (Kita St. Lorenz) .Die Eltern ins Boot holen (Kita Luther) 23Was hat das eigentlich mit uns als Fachkräften zu tun? (Kita Dreifaltigkeit) 26Die rechtliche Ebene .28Besonders heikel: Beschwerden über Fachkräfte 28Zusammenfassung ..29Nachwort 3

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Vorwort Liebe Leitungskräfte, liebe Fachkräfte,sehr geehrte Damen und Herren, -heiten beteiligt werden. Sie sollen —partizipierenfi. Jetzt sollen sie auch noch das Recht haben, sich beschweren zu dürfen! Wo soll das noch hinführen? Das werden sicher einige Fach – kräfte wie auch Eltern mal leise oder laut aussprechen. Es ist meist nicht angenehm, wenn sich andere über einen selbst be -schweren. Und doch ist das Recht, sich zu beschweren, seit Dort heißt es: —Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn [–] zur Siche-rung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrich – – – missfallen, oder Erwachsene/andere Kinder, die sie in irgend – -dagogische Fachkräfte in Kitas Kinder darin unterstützen, sie stärken, sich zu beschweren? Damit Kinder sich über gravie – und dass es jemanden gibt, der ihnen hilft.Da es bisher noch keine erprobten Beschwerdeverfahren für Kinder von null bis sechs Jahren gab, auf die das pädagogi – Modellprojekt des Evangelisch-Lutherischen Kindertagesstät – -den und dadurch auch anderen Kitas zugutekommen, ist ein zusätzlicher Gewinn. -gen erhalten um ein gutes Verfahren in Ihrer Einrichtung zu eta -blieren. Ihre Ministerin für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung in Schleswig-Holstein4

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Einleitung dem Thema —Beschwerdenfi zu tun gehabt. Nur selten ist die -ser Begriff dabei positiv besetzt. Nicht unbedingt gute Startvoraussetzungen für die Umset- -schriebenen —Beschwerdeverfahrens für Kita-Kinderfi. Hinzu kommt, dass die Entwicklung und Einführung eines solchen Verfahrens für die meisten Kindertageseinrichtungen bedeutet, sich auf Neuland zu begeben. Denn bundesweit fehlen meist noch Konzepte und Erfahrungen, auf die zurückgegriffen wer -den kann. fünf ganz unterschiedliche Kindertageseinrichtungen des Evangelisch-Lutherischen Kindertagesstättenwerks Lübeck gGmbH (Kitawerk Lübeck) in einem Modellprojekt unter unse – – verfahren gemeinsam mit den Kindern zu entwickeln und aus -zuprobieren. in der nachfolgenden Dokumentation zusammengefasst. Die unterschiedlichen Erfahrungen der Projekt-Kitas sollen ermu – -geschriebenen Verfahren zu entwickeln und dabei eine eigene positive Haltung gegenüber den Beschwerden der Kinder zu gewinnen. Das vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung in Schleswig-Holstein unterstützte und dem Kitawerk Lübeck, dem Verband Evangelischer Kindertages -einrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. (VEK) und den Bil – dungslotsen verantwortete Projekt will dabei gangbare Wege Einrichtungen liefern. Franziska Schubert-Suffrian (VEK) Michael Regner (Bildungslotsen)Erzieherin, Heilpädagogin, Dipl.-Sozial-Pädagogin, ist Stell-vertretende Geschäftsführerin und Koordinierende Fach – beraterin im Verband Evangelischer Kindertageseinrichtun – Berufserfahrung als Kita-Leitung. Lernwerkstatt und Beobachten und Dokumentieren in Kinder -tageseinrichtungen, Team- und Einzelcoachingf.schubert-suffrian@freenet.de www.vek-sh.de Franziska Schubert-Suffrian tätig. Langjährige Berufserfahrung in der Kinder- und Jugend – – Lernwerkstatt und Beobachten und Dokumentieren in Kinder -tageseinrichtungen, Team- und Einzelcoaching bildungslotsen@me.commichael.regner@web.de www.bildungslotsen.de Michael Regner 5

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Beschwerden der Kita-Kinder Œ Ein Beschwerdeverfahren entwickeln – – – – – – – – – – – – – manden, etwas beschwertfi. Lotta (knapp drei Jahre alt) steht morgens weinend im Gruppenraum der Kita St. Gertrud. Beim Frau Bäcker, und dann war der Papa weg.fi Im weiteren Gespräch macht Lotta deutlich, dass sie traurig ist, weil sie sich gar nicht von ihrem Papa verabschieden konnte. Beschwerden im Bereich von Erwachsenen werden als Äußerungen von Unzufriedenheit ver – werden, auf ein als schädigend empfundenes Verhalten hinzuweisen und eine Verbesserung der Situation, die Beseitigung der Beschwerdeursache oder eine Wiedergutmachung zu erreichen (vgl. Strauss / Seidel Œ Beschwerdemanagement, S. 49ff.). Die Äußerung eines als schädigend empfundenen Verhaltens 2. gegenüber der verursachenden Stelle3. oder eine Wiedergutmachung zu erreichen. Eine Beschwerde in diesem Sinn wird an den Beschwerdeverursacher gerichtet und hat das Ziel, eine Veränderung zu bewirken. Damit unterscheiden sich Beschwerden vom Petzen, Lästern, eine Verbesserung der Situation erreichen. Bei der Äußerung gegenüber der verursachenden Stelle (Papa) braucht sie die Unterstützung und Begleitung durch die Fachkraft. Gemeinsam mit der Erzieherin entwickelt Lotta die Idee, mit dem Papa zu —schimpfenfi und ihm dann ein Bild zu malen, zur Erinnerung daran, nicht ohne Verabschiedung zu gehen. – – zeigtes Unwohlsein, eine Unzufriedenheit oder einen Veränderungswunsch wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Das heißt, ein Kind muss sich nicht in einem vorgegebenen Rahmen be – – der Mädchen und Jungen. 6

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Das Modellprojekt Evangelische Integrative Kita Haus in der SonneDie Einrichtung Haus in der Sonne liegt im Stadtteil Kücknitz/Herrenwyk in einem naturbelasse -nen Umfeld nahe der Trave und ist eingebunden in die Kirchengemeinde Kücknitz. Im Stadtteil leben Familien mit ganz unterschiedlichen sozialen und kulturellen Lebenswirklichkeiten. bis sechs Jahren von einem interdisziplinären Team (pädagogische Fachkräfte, Therapeuten/in – Evangelisch-Lutherische Kita St. Lorenz-Travemünde – ße mit Ein- und Mehrfamilienhäusern und ist eingebettet in die Kirchengemeinde St. Lorenz/Tra -vemünde. eine Hauswirtschaftskraft und ein Hausmeister. Evangelisch-Lutherische Kita St. Gertrud sechs Jahren von fünf Fachkräften betreut. Evangelisch-Lutherische Kita und Familienzentrum Dreifaltigkeit -bunden in die Kirchengemeinde Kücknitz. In sechs Gruppen (einer Krippen-, einer Familien- und – Neben der Leiterin der Kindertagesstätte und des Familienzentrums sowie ihrer Stellvertretung als pädagogische Fachkräfte in der Einrichtung tätig. Evangelisch-Lutherische Kita LutherDie Kita Luther liegt im Stadtteil St. Lorenz direkt neben der Lutherkirche und ist eingebettet in die Kirchengemeinde Luther-Melanchthon. In zwei Elementargruppen und zwei Krippengruppen -Neben der Leiterin arbeiten in der Kita insgesamt fünf Erzieherinnen und vier sozialpädagogische Die beteiligten Einrichtungen8

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Parallel zu einem Fachtag zum Thema —Beschwerdeverfahren 37 Einrichtungen das Interesse nach einer Projektteilnahme ab. Schließlich wurden von der Projektleitung fünf Kindertagesein – richtungen ausgewählt. Diese Kitas starteten zeitlich versetzt Im Rahmen dieser Fortbildungstage wurden die ersten Be -schwerderechte der Kinder erarbeitet, die Wege der Beschwer -debearbeitung festgelegt und Methoden diskutiert, die die Ent- den Referentinnen und Referenten und der Fachberatung des Kitawerks Lübeck starteten die einzelnen Einrichtungen dann die ersten Implementierungsschritte.Nach verschiedenen Praxiserfahrungen haben die Kitas die zur Verfügung stehenden Coaching-Tage mit den Referentinnen und Referenten ganz unterschiedlich genutzt. Einige Einrich – Prozesse durch die Fachberatung begleiten zu lassen. -tungen haben die Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit Die Projektergebnisse wurden an zwei Fachtagen vorgestellt: Zunächst intern den Kolleginnen und Kollegen des Kitawerks – Das Projekt —Beschwerdeverfahren für Kita-Kinder entwickelnfi umfasst folgende Ziele: Beschwerden werden als konstruktive und erwünschte Kritik in der Kita verstanden. Die Sensibilität der Fachkräfte für die Sichtweisen und Die unterschiedlichen Haltungen zu den Beschwerden im Team sind ausgetauscht und die Kolleginnen und Kol -legen haben sich auf Beschwerderechte der Kinder ver -ständigt. Die Kinder sind über ihre Beschwerderechte und die -den ist gemeinsam mit den Kindern entwickelt und ein – geführt. Die Wege der Beschwerdebearbeitung sind verbindlich geklärt. nachvollziehbar dargestellt. – arbeitung sind mit den Kindern und unter den Erwachse -nen implementiert.Die Projektziele Umsetzung der Projektidee 9

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Beschwerden der Kinder in den Projekteinrichtungen – – – – —Im Alltag ist mir aufgefallen, wie viele Beschwerden von den Kindern kommen. Wenn man erst mal anfängt, darauf zu achten. An einem Tag habe ich mir mal vorgenommen die Beschwerden der Kinder zu zählen. Am Ende des Kita-Tages waren es dann 27 Beschwerden, die ich wahr -genommen hatte. Die meisten von ihnen betrafen Essen, Kleidung und Spielzeugfi, berichtet Eva Warta aus der Kita Dreifaltigkeit in einem Interview. Neben ganz individuellen Beschwerden in den einzelnen Kitas kamen folgende Beschwerden in allen Einrichtungen vor: -stellung und um die Regeln bzw. Selbstbestimmungsrechte der Kinder bei den Mahlzeiten ob, was, wann und wie viel gegessen werden darf/muss, Tischsitten). Beschwerden über die Bekleidungswahl/Bekleidungsvorschrift durch die Erwachse – Beschwerden vor allem das Thema Hausschuhe. – ßenbereich aber auch die Verteilung von Spielzeug- und Verbrauchsmaterial (z. B. Kle -berollen) in Gruppen- oder Fachräumen genannt. auf draußen oder drinnen (—Ich will raus gehen bzw. jetzt nicht raus gehen.fi). Beschwerden über die Toilette: Zum einen über die Sauberkeit (Geruch, —Danebenkle – ckernfi) und zum anderen über den Umgang der Kinder/Erwachsenen im Toilettenbereich miteinander (Türen aufreißen oder zuhalten, darüber schauen usw.). -perliche Übergriffe (hauen, beißen, hänseln, kaputt machen von Gegenständen). sie lädt mich nicht mehr zum Geburtstag ein.fiBei allen genannten Beschwerden stehen sowohl die Fachkräfte als auch andere Kinder glei – chermaßen als —Beschwerdeursachefi im Fokus. Diese sieben Beschwerdeanlässe lassen sich in verschiedenen Äußerungsformen auch bei Kindern im Krippenalter oder bei Hortkindern be -obachten.10

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zwei verschiedene Beschwerdeformen bzw. Beschwerdeziele herausgearbeitet werden: Zum einen mit dem Ziel, das Verhalten eines anderen Kindes oder Erwachsenen zu stoppen. Zum anderen , die etwas Neu -es erreichen wollen, wie z. B. eine gerechtere Verteilung, mehr Selbstbestimmung oder eine veränderte Regel. Um den Einstieg für die Fachkräfte zu erleichtern, haben sich die einzelnen Teams im Rahmen des ersten Fortbildungstages entschieden, welche Beschwerdeformen bzw. -ziele sie zu -erst in den Blick nehmen wollen. Drei Einrichtungen haben sich Teams für den Schwerpunkt —Verhinderungsbeschwerdenfi ent -schieden. Ich beschwere mich! 11

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